Physiologie (Wasseraufnahme und -abgabe bei Diplopoden)

    • Offizieller Beitrag

    Spätestens seit man Kenntnis hat über die Eiablagetechnik einiger Spirobolida-Arten weiß man, dass Diplopoden in der Lage sind, mit ihrem ausgestülpten Enddarm Flüssigkeit aufzunehmen wie mit einem Schwamm.
    Das wurde auch ab und zu mal beobachtet bei den Tieren zur Aufnahme von Kondenswasser von den Terrarienwänden oder aus feuchtem Substrat.

    In letzter Zeit häufen sich die Beobachtungen hier im Forum, so dass fast täglich darüber berichtet wird.
    Laut meiner Statistik erfolgen diese Meldungen ausschließlich bei Haltern, die Trinkwasserschalen in ihren Terrarien benutzen. Da liegt der Schluss nahe, dass ein Zusammenhang besteht.
    Da Diplopoden keine speziellen Organe zur Ausscheidung von Wasser besitzen, kann man davon ausgehen, dass sie überschüssiges Wasser auf die umgekehrte Weise über den ausgestülpten Enddarm ausscheiden. Und deswegen häufen sich die Beobachtungen in letzter Zeit, seit die Verwendung von den überflüssigen Trinkschalen zugenommen hat.

    Wenn also ein „Trinkschalenanwender“ ein Tier mit ausgestülptem Darm sieht, so nimmt es keine Flüssigkeit auf, sondern es sondert Flüssigkeit ab.

    Anmerkung: Bei mir in den Terrarien konnte ich das Ausstülpen des Enddarmes nie beobachten. Weder bei den adulten Tieren noch bei den unzähligen Nachwuchstieren.

    • Offizieller Beitrag

    In Zusammenhang mit der Anwendung von Wasserschalen muss man darauf hinweisen, dass das Wasserhaushaltssystem bei Arthropoden so organisiert ist, dass unter normalen Umständen kein Wasser aufgenommen werden muss.
    Der ph-Wert im Darm ist leicht sauer u.a. durch K+ und Na+ Ionen, die aus den Darmwänden durch Osmose austreten, und in diesem sauren Milieu leben die Verdauungsorganismen.
    Das im Darm vorhandene Wasser wird im Enddarm wieder aufgenommen und die Kalium- und Natriumionen ebenfalls.
    Wenn jetzt Wasser zusätzlich zugeführt wird, wird das saure Milieu neutralisiert, so dass mehr Kalium und Natrium aus den Darmwänden nachgeliefert werden muss um den ph-Wert zu erreichen, den die Verdauungsorganismen zum Leben brauchen.
    Da dieses überschüssige Wasser zum großen Teil wieder rektal abgegeben wird, werden auch damit Kalium- und Natriumionen mit ausgespült.

    Diese vereinfacht dargestellten Abläufe im Darm können also zu einer Verarmung an Kalium führen, was natürlich für alle (Nerven)-Zellen letztendlich gravierende Folgen hat.

    Aus diesem Grund ist meiner Ansicht nach, die tägliche Verwendung einer Wasserschale nicht ungefährlich für die Diplopoden. Die Schädigungen werden sich erst im Laufe der Zeit bemerkbar machen oder bei Haltern, die nicht auf einzelne Tiere achten, eben auch unbemerkt stattfinden, sie führen dann einfach früher zum Tod.

    Da das Trinken aus Flüssigkeitsansammlungen in der Natur eher selten oder nie zu beobachten ist, hat der erfahrene Halter auf diese unphysiologische Wassergabe in einem zusätzlichen Trinkgefäß auch schon immer verzichtet.

  • Lieber Sol,


    vielen Dank für Deine ausführliche Einschätzung! Das ist ein sehr wichtiges Thema, und ich habe meine Trinkschale sofort entfernt.

    Aber tritt dieses Ausscheiden von Natrium- und Kaliumionen nicht auch ein, wenn sie Sprühwassertropfen vom Substrat, aus dem Moos, von Pflanzen oder der Fensterscheibe ablecken? Soll man täglich sprühen und die Luftfeuchtigkeit konstant hoch halten?

    Viele Grüße
    Anton

    • Offizieller Beitrag

    Nein, bei geringen Flüssigkeitsmengen werden die Kalium- und Natriumionen im Enddarm wieder resorbiert so wie das Wasser selbst auch. Sie nehmen ja mit der Nahrung ausreichend Flüssigkeit auf und wie oben beschrieben wird die Wassermenge im Körper konstant gehalten.
    Ich sprühe überhaupt nicht. Nur wenn die Substratoberfläche trocken ist, wird sie leicht beregnet. Ich halte das Substrat feucht, die rLF messe ich nicht und sie interessiert mich auch nicht. :)

  • So mache ich es auch, leicht feucht halten, leichte Beregnung mit der Drucksprühflasche. Manche Stellen erreiche ich immer, andere, unter Rindenstücken oder hinter größeren Ästen bleiben dagegen meist trocken. Ich denke, ein gewisses Temperatur- und Feuchtigkeitsgefälle im Becken ist nicht schlecht, oder?

    Müssten die Diplos nicht eigentlich den Instinkt haben, große, offene Trinkstellen zu meiden?

    LG
    Anton